Der Lehnsvertrag Der Feudalismus, das Lehnswesen, war eine Gesellschaftsform, die auf einer Vereinbarung zwischen zwei Adligen beruhte, einem Lehnsherrn und einem Vasallen. Der Vasall war seinem Herrn gegenüber durch einen Eid zu Treue und Dienst verpflichtet. Die wichtigsten Pflichten bestanden gewöhnlich im Kriegsdienst (normalerweise bis zu 40 Tagen im Jahr), in der Bereitstellung von Soldaten für die Armee des Lehnsherrn und der Abgabe von Einkünften. Der Lehnsherr seinerseits verpflichtete sich, seine Armee zum Schutz des Vasallen einzusetzen und ihm die Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung zu stellen. Der Vasall erhielt die Herrschaft über ein Lehen, meist ein großes Landgut. Das Lehen konnte aber auch in Form eines Amtes verliehen werden, wie Steuereintreiber, Münzpräger, Zollbeamter oder eine andere Funktion, die Einkünfte erbrachte. Ein Lehnsherr mit mehreren Vasallen verfügte also über eine beständige Einnahmequelle und eine Armee. Der Lehnsvertrag wurde auf Lebenszeit abgeschlossen. Der Lehnsherr konnte seinem Vasallen das Lehen wieder entziehen, wenn dieser seine Pflichten nicht erfüllte. Weitaus schwieriger war es für den Vasallen, sich von seinem Herrn zu lösen. Im frühen Mittelalter waren Lehen nicht erblich, was für die Lehnsherren von Vorteil war. Je mehr Lehen ein Lehnsherr verleihen konnte, desto mehr würden sich seine Vasallen darum bemühen. Mit fortschreitendem Mittelalter fanden die Vasallen jedoch Möglichkeiten, ihre Lehen erblich zu machen, so dass die Lehnsherren immer weniger Lehen zur Entlohnung besaßen. Nur Adlige und Ritter durften den Treueid leisten. In der Praxis waren die meisten Adligen sowohl Vasallen als auch Lehnsherren und standen im sozialen Gefüge irgendwo zwischen dem König und dem Ritter des untersten Ranges. Das Lehnswesen war jedoch nie sorgfältig strukturiert, und die Vasallen konnten mächtiger sein als die Herren. Die Herzöge der Normandie beispielsweise besaßen mehr Macht als ihre Herren, die Könige von Frankreich. Vasallen konnten mehreren Lehnsherren verpflichtet sein, was dann zu Schwierigkeiten führte, wenn verschiedene Herren von dem Vasallen gleichzeitig einen Dienst forderten. Gewöhnlich erhielt der älteste Lehnsherr den Vorzug. Die Adligen entdeckten außerdem, dass sie, sofern sie mächtig genug waren, die Regeln des Feudalismus brechen und ihre Nachbarn angreifen konnten, um das zu bekommen, was sie haben wollten. Derartige Privatfehden waren typisch für das gesamte Spätmittelalter.